Es heißt, das Wildgans Qigong die Übungen vieler anderer Qigong-Stile in sich vereint. Bei 64 Einzelsequenzen ist dies durchaus realistisch. Und tatsächlich habe ich in anderen Stilen einige Elemente der Wildgans entdeckt bzw. finden sich Elemente anderer Stile in der Wildgans. Was im Wildgans Qigong allerdings einzigartig ist, sind die Handbewegungen – das typische Flattern mit den Händen. Was hat es auf sich mit diesem Flattern? Schauen wir uns das mal aus verschiedenen Blickwinkeln an.
Physiologisch
Während der Körper nachts ruht und regeniert, werden viele Körperfunktionen heruntergefahren. So wird auch die Zirkulation der Gelenkschmiere in den Gelenken eingestellt bzw. reduziert. Wenn du also aufwachst, solltest du es halten wie die Katzen und Hunde: mache deine Gelenke geschmeidig. Dafür sind abwechslungsreichen Bewegungen im Wildgans Qigong optimal. Insbesondere die Flatterübungen mit den Händen lockern die Handgelenke und sorgen für bessere Durchblutung und (Sauerstoff)Versorgung der Handgelenke, Hände und Finger. Kalten Hände sind damit auch passé!
Desweiteren trainierst du die Beweglichkeit deiner Handgelenke. Dies ist für alle handwerklichen Berufe, aber auch für Schreibtischhengste und -stuten gut. 🙂 Denn wer über viele Stunden tippen (Texter, Journalisten, Sachbearbeiter, Datentypisten) muss oder die Maus bewegen (Grafiker, technische Zeichner, Designer, etc.), der braucht eine Gegenbewegung und Lockerung der Hände. Eine typische Krankheit ist as Karpaltunnelsyndrom. Eine Kollegin hatte damit zu tun, das ist ziemlich unangenehm und schmerzhaft und vor allem unpraktisch, wenn man als Selbstständiger seine Arbeit pünktlich abliefern muss.
Karpaltunnelsyndrom
Beim Karpaltunnelsyndrom wird aufgrund einer Einengung des Karpaltunnels der Nerv geschädigt. Dies kann z.B. passieren, wenn das Gewebe aufgrund mechanischer Überlastung anschwillt oder bei einer Entzündung, wenn man zu oft und zu lange die selbe Handbewegung durchführt. Schmerzen und Missempfindungen sind die Folge. Obwohl meistens die Arbeitshand stärker betroffen ist, tritt das Syndrom oft gleichzeitig in beiden Händen auf. Auch Nierenschädigungen, Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Amyloidose (Ablagerungen), chronische Polyarthritis und sogar Alkoholmissbrauch ((Quelle Wikipedia). Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer. Ein Grund also, die Handgelenke immer schön geschmeidig zu halten. Tipp: Einfach mal auch zwischendurch flattern.
Mukkis aufbauen und Winkearmen vorbeugen
Aber nicht nur die Hände sind beim Flattern in Bewegung. Probier’s einfach mal aus, und du wirst merken, dass neben den Händen und Fingern sich der ganze Unterarm bis hinauf in den Oberarm bewegt und sogar die Muskulatur trainiert. Und zwar drehst du deine Hände aus dem Handgelenk heraus nach rechs und links, wie in einer Rotationsbewegung, als wäre ein Handgelenk ein Kugellager. In Übung 40 im folgenden Ausschnitt findest du die Anleitung:
Zur Energetisierung und Reinigung
Mit den Vibrationen und dem Schütteln der Hände fördern wir den Abtransport von schlechter/verbrauchter Energie. Negative Energien werden buchstäblich ausgeschüttelt. Dies geschieht durch die Finger als auch über Laogong bzw. Pe8, dem Punkt in der Mitte der Handfläche. Über den Laogong-Punkt wird Chi aufgenommen und abgeleitet, aus zwar aus/in jede(r) Richtung – von/nach oben/unten, rechts/links, vorne/hinten.
Meridiane und Extrapunkte bis in die Fingerspitzen
Die Hälfte aller Organmeridiane beginnt oder endet in den Fingerspitzen. Das bedeutet, alle 6 Energiebahnen passieren die beiden Handgelenke, da sie auf beiden Seiten des Körpers verlaufen. An der Handaussenseite – jeweils oberhalb des Fingernagels – beginnen die Meridiane Dickdarm, Dreifacherwärmer und Dünndarm. Sie laufen über das Handgelenk den Arm entlang hinauf in den Körper.
Den Innenarm entlang laufen abwärts die Meridiane Dünndarm, Perikard (Herzbeutel) und Herz.
Jeder der sechs Meridiane hat einen Akupunktur-/Akupressurpunkt auf dem Handgelenk. Durch das Schütteln der Handflächen aus dem Handgelenk wird frisches Chi in die aufwärts verlaufenden Meridiane aufgenommen. Bei den abwärts verlaufenden wird verbrauchtes/stagniertes Chi hinausbefördert.
Extrapunkte
Über die sechs Meridiane hinaus gibt es in der Hand noch acht Extrapunkte, die auch in der Akupunktur eine Rolle spielen. Ein Punkt befindet sich in der Handgelenksfalte (EX-UE 3 – „Dorsale Quelle“). Er harmonisiert den Qi-Fluss zwischen dem oberen und mittleren Jiao (Dreifacherwärmer) und wird angewendet bei Völlgefühl/Schmerzen im Oberbauch, Abdomen und Brustkorb, Husten, Asthma bronchiale und Dyspnoe (Kurzatmigkeit). Die anderen Extrapunkte Ex-UE4 bis Ex-UE10 sind über die gesamte Hand verteilt bis hin zu den Fingerkuppen, wo sich der Ex-UE 11 „Zehn zerstreuende Punkte“ befindet. Dieser vertreibt äußere pathogene Faktoren und wird z.B. genadelt bei hohem Fieber, Koma, Sonnenstich, Epilepsie, Halsentzündungen, verminderte Durchblutung der Finger und dem Raynaud-Syndrom.
Chakren, Nadis und Marmas
Auch in der Ayurvedischen Lehre werden Chakren, Nadis und Marmas in den Händen beschrieben. Ein wichtiges Marma ist identisch mit dem Laogong-Punkt (Pe8, s.o.) und heißt Tala Hridaya. In der Handgelenksfalte befindet sich das Manibandha Marma, für das es eine eigene Yoga-Übung gibt, bei der die Hände aus dem Handgelenk nach unten und oben gebeugt bzw. abgeknickt werden. Das Manibandha Marma im Handgelenk zu aktivieren hat gemäß der Ayurvedische Reflexologie mehrere Vorteile:
- Energetisierung der Fortpflanzungsorgane
- Hilft bei der Reduzierung überschüssiger Fettansammlungen
- Fördert das gesunde Wachstum von Gelenken und Knochen
- Hilft Schmerzen am Skelett zu reduzieren
- Unterstützt den Prana/Chi-Fluss zu den Händen
- Hilft, die Funktionsfähigkeit der Hand aufrechtzuerhalten
Die Flatterübungen im Wildgans Qigong sind einzigartig und in keinem anderen Stil zu finden. Jede Körperhaltung und -bewegung innerhalb der 64 Einzelübungen hat ihre Bedeutung und Wirkung und ist Teil einer klug durchdachten Choreografie, die ein Ziel hat: den Körper bei 10 Minuten Aufwand gesund zu erhalten.
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Ich bin Snezana Galijas, (alleinerziehende) Mutter von drei Töchtern und selbstständig seit fast 20 Jahren. Mit Qigong habe ich schwierige Phasen im Leben, wie Scheidung, Depressionen und Burnout gemeistert und sogar über lange Zeit eine Borreliose nicht bemerkt. Ich unterrichte Qigong im Einzelcoaching und in Workshops und gebe Tuina-/Qigong-Massagen bzw. Qi-Energieübertragungen.
Gilbert meint
Super Erklärungen