Kerzenglanz, Weihnachtsbäckerei, Geschenkeshoppen, Glühweinschwips: Wir haben Advent. Alle warten aufs Christkind, und so manchem wird die Zeit dabei lang. Gut, wenn man im Texttreff, dem wunderbarsten Profinetzwerk nördlich des Südpols ist, denn dann kann man sich die Wartezeit mit Blogwichteln versüßen. Dieses Jahr wurde ich dem Blog meiner Mittextine Snez Galijas alias „Frau Wildgans“ als Wichteline zugelost, und das freut mich ganz enorm. Warum? Weil auch ich schon eine ganze Weile aktiv der Frage nachgehe, wie man den eigenen Körper zu einem behaglichen Haus macht, in dem Geist und Seele gerne wohnen.
Ich habe auf Snez‘ Website zu Wildgans-Qigong schon öfter mal gestöbert. Auch live habe ich Snez als Wildgans schon flattern, schreiten und picken sehen – auf dem alljährlich veranstalteten Workshop-Meeting des Texttreffs nämlich, an dem sie ihr wertvolles Qigong-Know-how kostenlos an uns weitergab. Die Eleganz, die Geschmeidigkeit und Leichtigkeit der Bewegungen gefielen mir spontan und ich dachte bei ihrem Anblick: „Hey, das ist ja wie bei Cantienica“ – bei der Methode also, nach der ich selbst praktiziere.
Irgendwo auf ihrer Website schreibt Frau Wildgans: „10 Minuten! Warum machen das nicht alle, dachte ich.“ Genau das denke ich auch immer. Aber warum ist das so? Warum machen es nicht „alle“? Wo es doch so leicht ist?
Beleuchten wir die Sache mit der angeblichen oder tatsächlichen Leichtigkeit doch einfach einmal näher. Zwar kenne ich Wildgans-Qigong nicht aus eigener Praxis, aber nach allem, was ich dazu nun schon gelesen, angesehen oder von Snez erfahren habe, scheint es mir mit Cantienica ein paar Dinge gemein zu haben (wobei Snez mich gerne korrigieren darf, falls ich falsch liege). Und mir fällt das Märchen vom Schlaraffenland ein, denn da geht es nicht nur um Genuss und Völlerei, sondern, wie ich finde, auch um Leichtes und Schweres.
Was also haben Wildgans-Qigong und Cantienica mit dem Schlaraffenland zu tun?
- Rein in den Breiberg: Der Eintritt ins Schlaraffenland der wildgänsischen oder cantienischen Leichtigkeit hat seinen Preis: Aus satten 64 Übungsfolgen besteht die Wildgans, die muss man sich erst einmal merken lernen – von den fließenden Bewegungen ganz zu schweigen. Bei Cantienica gilt es, sich viele Referenzpunkte im gesamten Körper zu merken. Man muss komplex klingende Anweisungen befolgen und die Bewegungen möglichst präzise und filigran ausführen. Übungsabläufe und Stellungen gibt es dort – ähnlich wie im Yoga – Myriaden. Damit kommen wir direkt zu Punkt zwei:
- Futtern, futtern, futtern: Dranbleiben muss man schon der anfänglichen flachen Lernkurve wegen, weil sich die Übungen und Körperhaltungen sonst nicht verinnerlichen. Wer hier beharrlich ist, sieht bald das Licht am Ende des Tunnels. Und irgendwann passiert das Wunder: Der Körper lässt sich mit gefühlt immer weniger Aufwand immer müheloser und geschmeidiger bewegen, und – noch besser –will dieses schlaraffig-genussige Leichtgefühl immer und immer wieder haben. Was uns direkt zu Punkt drei bringt:
- Schlaraffe mit Haut und Haar: Wildgans-Qigong und Cantienica sind keine mechanisch-gymnastischen Workout-Programme, sondern Methoden, die ein Lebensprinzip der Natur abbilden: das der Leichtigkeit. Beide berühren und verändern, ernsthaft praktiziert, nicht nur den Körper, sondern auch den Geist und die Seele. Das ist kein Entweder-oder, sondern ein in sich geschlossenes Miteinander. 10 Minuten bzw. eine halbe Stunde am Tag „Gymnastik“ unter Einhaltung der Wildgans-Qigong- oder Cantienica-Grammatik machen und den Rest des Tages sich als Rundschlumpf ohne Achtsamkeit der Schwerkraft überlassen, macht noch keine Wildgans und noch kein Cantienica. Der Körper ist 24 Stunden am Tag im Dienst, das ist seine Natur. Der er mit Freude folgt, wenn wir ihn denn lassen.
Lassen ist das Stichwort, genau. Nichts scheint uns Menschen in der westlichen Schneller-höher-weiter-Welt und Viel-hilft-viel-Leistungsgesellschaft schwerer (!) zu fallen als das Lassen und Zulassen. Dabei erwächst genau daraus die wundersame Leichtigkeit. Womit ich den Bogen zu Snez‘ Frage: „Warum machen das nicht alle?“ schlage. Andersherum gefragt: Warum fällt es Snez, mir und anderen Wildgänsen und Cantienicanern so leicht? Antwort: Weil wir verstanden haben, dass man, um Leichtigkeit zu finden, das Schwere lassen muss.
Der Entschluss, sich durch den Breiberg zu essen, mag schwer sein, stattgegeben. Der Rest aber: geschenkt. Im besten Sinne des Wortes übrigens, denn die Leichtigkeit ist eine Gabe der Natur. Ob wir dieses Geschenk annehmen, liegt bei uns. Und es ist vermutlich wurscht, ob wir über Wildgans-Qigong oder über Cantienica zur Leichtigkeit hinfinden.
Genießen Sie engelsflügelzarte Weihnachtstage und kommen Sie gut ins neue Jahr!
Vielen Dank, liebe Susanne, für diesen schönen Beitrag! Wenn Susanne nicht gerade Cantienica übt, übersetzt oder lektoriert sie Texte: www.sntrans.de. (Die Text-Comics dort stammen übrigens von einer weiteren, geschätzten Textine, Nathalie Bromberger.)
Wie sieht es aus mit euch da draußen? Wie gut gelingt es euch, das/die Schwere loszulassen und was sind eure Methoden dafür? Freue mich auf eure Kommentare.
Schreibe einen Kommentar